Der Abi-Song
Bodo Wartke
Weißt Du noch? Vor neun Jahren
sahen wir uns das erste Mal.
Als neuer Schüler, klein und unerfahren,
betrat ich damals diesen Saal.
Was mir heute so vertraut,
war mir damals fremd und neu.
Ich war scheu. Heute weiß ich,
daß ich nichts bereu'.
Denn heute bin ich mir
voll und ganz im Klaren:
Du warst für mich eine gute Wahl.
Du hast mir viel gegeben.
Du hast mich viel gelehrt.
Nicht für die Schule, nein, sondern für das Leben lernen wir.
Doch das ist gar nicht so verkehrt.
Denn die Endosymbiontenhypothese
ist wirklich wissenswert.
Bistrobrötchen schmecken gut mit Käse,
und deshalb werden sie in großer Zahl verzehrt.
Doch ich hab' noch mehr gelernt:
Den Weihnachtsmann, den gibt's zum Beispiel nicht.
Und daß der Storch die Kinder bringt, halt' ich für ein Gerücht.
Soviel mehr denn je ich jetzt versteh'.
Das Wort "Lehrkörper" schreibt man nicht mit Doppel -e.
Noch nicht.
Kurz gesagt, ich weiß bescheid
über alles von Notwendigkeit.
Aber wozu brauch' ich eigentlich
Intelligenz?
Wirklich wichtig war für mich
nur die Kenntnis der Kadenz.
Alles andere wurde zur
Makulatur.
Das einzige, was zählt, ist nur
Abitur.
Heute ist das Abitur
nicht mehr, was es früher einmal war.
Denn meine Abiturzensur legt,
was ich kann, gar nicht offen dar.
Denn ich habe in Wahrheit keine Ahnung.
"Ich weiß, daß ich nichts weiß.",
sagte mal ein großer Philosoph.
Dasselbe gilt für mich, das heißt
ich bin doof!
Katastrophe!
Mein Verstand ist zwar gesund.
Doch Bildung
ist mein wunder Punkt.
Denn, daß ich nichts mehr lerne,
hat folgenden Grund:
Die Lehrer sind zwar gut.
Doch die Kurse und die Klassen sind zu groß.
Neue Lehrer braucht dieses Institut.
Die sind aber arbeitslos.
Ohne Moos ist hier nix los.
Lehrer werden nicht mehr eingestellt.
Kein Geld!
Das Kurssystem zerfällt
sehr schnell.
Und alles nur, weil der Staat
an der falschen Stelle spart.
Es verläuft der Unterricht
ohne Individualität.
Bevor unser Schulsystem zerbricht
und das Abendland zugrunde geht,
müssen wir was tun!
Zu spät!
Weil wegen den guten Unterricht, den wir hier genossen gedurft haben,
wollen uns wir bei Sie bedanken, beim Kollegium, beim Sekretariat, beim Hausmeister persönlich...:
Ute, Ulrich, Ulla, Uwe,
Klaus, Claudia-Sabine,
Udo, Ursula und
Rainer und Regine,
Marie-Ellen,
Ernst-Günther, Gerhard, Gesa, Gertrud,
Baldur-Wotan, Barbara,
Brigitte, Bernhard, Bernd, Thomas,
Astrid, Arno, Erika,
Monika, Eva-Maria,
Horst-Dieter, Diethart, Dietrich, Karin,
Karsten, Karl-Friedrich,
Renate, Reinhart, Hartmut,
Hubertus, Helmut,
Jochen, Jens, Klaus-Jürgen, Edith,
Wulf, Wolfram, Manfred,
Volker, Ilse, Sigurd,
Hans-Ingolf, Hans-Peter, Anke.
Danke!
Die Zeit ist reif, Abschied zu nehmen.
Goodbye!
Au revoir!
Auf Wiedersehen!
Ich glaub', ich brauch' mich meiner Worte nicht zu schämen,
wenn ich sage: "Danke! Es war sehr schön."
Trotzdem, die Show muß weitergehen!
Zwar mit Wehmut, doch mit Zuversicht
kann ich in die Zukunft sehen.
Gaudeamus igitur.
Denn ich hab' ja
Abitur!