... und darum Herr Richter
Juliane Werding
Hier steh ich nun vor dem hohen Gericht
und trage mein Glück zu Grab.
All das was ich über Jahre hinaus,
erlebt und geteilt mit dir hab.
Die Zeit war an schönen Stunden so reich
und trenn ich mich von ihr nicht gern.
Herr Richter, mir werden die Knie ganz weich,
wenn Sie meinen Grund dazu hör'n.
Sie war zynisch und launisch, unglaublich despotisch
und Recht hatte immer nur sie.
Wollt ich sie mal küssen,
trat sie mich mit Füßen,
so zwang sie mich stets in die Knie.
Der Wecker, Gemecker,
der Milchmann, der Bäcker,
die gingen bei ihr ein und aus.
Verschludert, verludert,
auf Diva gepudert,
regierte sie meist unser Haus.
Ich durfte nicht mucken
und mußte mich bücken,
das machte sie alles aus mir.
Und darum Herr Richter und
darum Herr Richter
steh ich heute hier.
Dabei lieben wir uns noch so sehr,
wie vorher, wie vorher.
Wenn so vieles, so vieles nicht wär,
wär die Liebe mit uns nicht so schwer.
Die Hälfte von dem, was er sagt ist nicht wahr,
was fällt diesem Kerl denn bloß ein?
Ich tat für ihn alles, wie steh ich jetzt da?
Ich find das von ihm sehr gemein.
Dabei war es oft so nett und so schön,
und trenn ich mich von ihm nicht gern.
Herr Richter, sie werden trotz allem verstehn,
wenn sie meinen Grund dazu hörn.
Er saß an der Theke,
bei uns um die Ecke,
die Kinder zu Haus mußten frier'n.
Vertrank ohne Pause,
bei jeder Sause,
sein Geld und sein letztes Gehirn.
Der Ärger am Morgen,
den Kopf voller Sorgen,
ne Frau, die sich durchbeißen muß.
Der Bäcker, der Milchmann,
die halfen mir dann und wann,
bargeldlos nur für nen Kuß.
Was mußte ich leiden,
drum laß ich mich scheiden,
was machte er alles aus mir?
Und darum Herr Richter und
darum Herr Richter
steh ich heute hier.
Dabei lieben wir uns noch so sehr,
wie vorher, wie vorher.
Wenn so vieles, so vieles nicht wär,
wär die Liebe mit uns nicht so schwer.
Wär die Liebe mit uns nicht so schwer.